50/2019

Themenpaket Auslandsexpertenforum 2019

Entsandt von Auswärtigem Amt und DOSB mit DFB und DLV tragen Sportexpert*innen seit mehr als 60 Jahren ihr Wissen in die Welt. Sie ernten Dank, Vertrauen und die Bestätigung, dass Sport die Verhältnisse an der einen oder anderen Stelle besser machen kann.  

Falls Sie sich für internationale Sportentwicklung interessieren - unten finden Sie die aktuellen Kurz- und Langzeitprojekte nach Herkunftsorten der Expert*innen geordnet, so dass Sie „Ihren“ Experten aus Ihrem Verbreitungsgebiet identifizieren können. Wir vermitteln Ihnen gern einen Kontakt.

Auf dem Auslandsexpertenforum 2019 (12. - 14. September in Frankfurt) haben wir den derzeitigen Langzeitexpert*innen Dr. Carolin Braun (Botswana/Fußball/Eberbach), Monika Staab (Gambia/Fußball/Dietzenbach), Michael Nees (Kosovo/Fußball/Stutensee bei Karlsruhe) und Oliver Scheer (Bolivien/Leichtathletik/Solingen) drei Fragen gestellt:

Sie bringen Know-How mit in Ihr Gastland – was bekommen Sie im Gegenzug zurück? 

Dr. Carolin Braun: Mich begeistert und motiviert vor allem die Leidenschaft und die Begeisterung der Kids, die man zu besseren Talenten macht auf der rein sportfachlichen Seite und auch auf der menschlichen Ebene mit Kompetenzen, die sie für ihre Schule brauchen oder für ihr weiteres Leben. Genauso wie bei den Trainern, die sich freuen, dass man sein Wissen mit ihnen teilt und dass man gemeinsam daran arbeitet, dass jeder Einzelne besser wird. 

Monika Staab: Jeder gibt Dir ein Lächeln. Das gibt Dir einfach Energie für dich selbst, dass du glaubst, etwas Sinnvolles im Leben zu machen. Das ist mein Beweggrund, auch vieles hier aufzugeben, sei es Familie oder Freunde. Ich denke, es überwältigt einen, die positiven Eindrücke, die wir als Experten den Menschen geben und die Dankbarkeit, die wir dann auch wieder zurückbekommen.  

Michael Nees: Man bekommt extreme Anerkennung, Dankbarkeit und auch sehr viel Unterstützung die Arbeit weiterzuführen, wenn man sie gut macht. 

Oliver Scheer: Man bekommt natürlich Dank, kulturellen und sozialen Austausch und man erhält natürlich auch eine Plattform, wo man sich wirklich mit den deutschen Werten und dem deutschen Wissen einbringen kann. Das ist immer mit einer Kompromissbereitschaft der Bolivianer verbunden, sich dort auszutauschen und aus den Lokalbedingungen die besten Ergebnisse zu erzielen. 

Was können Sie mit Ihrem Projekt konkret verbessern? 

Dr. Carolin Braun: Bei der Trainerausbildung ist es super, dass wir jetzt zum ersten Mal dezentral sind. Wir fahren also in Regionen, in die vorher kein Ausbilder gefahren ist und machen mit Lehrern kleine 3-Tages-Workshops, um die Basics zu vermitteln, die sonst oft zu kurz kommen. Und das Andere ist ganz klar das Mentoring der U-Nationalmannschaften, wo wir z.B. im Frauenbereich gerade in den Tokio 2020 Qualifiers zwei Runden überstanden und Südafrika zum ersten Mal geschlagen haben. 

Monika Staab: In Afrika ist es meistens sehr schwierig, alle an einen Tisch zu bekommen. Die Teamfähigkeit ist ein Schlüssel. Im Langzeitprojekt habe ich jetzt festgestellt, dass wir das erreicht haben, im Kurzzeitprojekt ist das schwieriger. Wir haben es z.B. erreicht, dass Schulministerium und Fußballverband zum ersten Mal zusammenarbeiten. Und jetzt erkennen die Schulen, was das bedeutet für ihre Kinder – vor allem die jungen Mädchen - und dass jetzt auch Mädchen Fußball spielen sollen und dürfen. 

Michael Nees: Kosovo ist jetzt in der internationalen Anerkennung und ich kann ihnen wirklich helfen, sich besser vorzubereiten, was sie da im organisierten internationalen Fußball erwartet. Das können die ganzen Projektförderungen, Strukturentwicklungsmaßnehmen, die von der UEFA vorgeschrieben werden um z.B. in die Trainerkonvention aufgenommen zu werden sein oder auch in die Grassroots-Charta aufgenommen zu werden. Aber auch in der Talentförderung, wie man Trainerkurse für alle fair zugänglich organisiert und dass man Ergebnisse aufgrund von Verdienst und Mitarbeit erzielen kann. 

Oliver Scheer: Es hat viel mit Arbeitsmentalität zu tun. Dass man sagt, gewisse Werte führen zu bestimmten Ergebnissen. Einsatz von Arbeit bringt Veränderung. Das heißt nicht, dass man immer das deutsche Konzept kopiert, es kann aber als eine Art Role Model dienen. Dass wir sagen, wir stehen für was, ich deklariere ein Ergebnis und mit Euch zusammen wollen wir dieses Ergebnis verfolgen und als Team umsetzen. 

Warum kann Sport an der einen oder anderen Stelle in der Entwicklung besser helfen als andere Inhalte? 

Dr. Carolin Braun: Sport verbindet. Wir teilen die Leidenschaft, wir brauchen auch gar nicht die gleiche Sprache zu sprechen. Wir können auch ganz viel an Sozial- und Selbstkompetenzen vermitteln, die unglaublich wichtig sind für das spätere Leben, für die Schule, aber auch für das Arbeitsfeld. Oder wenn man an Gesundheit denkt und wie man ihnen dann dazu Wissen vermittelt. Denn im Klassenraum hören sie manchmal eben nicht zu, es sind ja schließlich Kinder, aber auf dem Fußballfeld, wenn man es also schafft, den Sport mit Themen zu verbinden, so dass trotzdem der Sport im Vordergrund steht und gleichzeitig Wissen vermittelt, dann ist das der Grund, warum Sport so viel bewegen kann. 

Monika Staab: Ganz einfach. Weil jeder gleich ist. Weil jeder den Sport mag, egal welchen Sport. Sport verbindet und baut Brücken. Sport heißt, wir sind alle ein Team und wir wollen alle zusammen gewinnen und verlieren. Ich glaube das ist es, was den Sport ausmacht. Man kann Werte wie Fairplay und Respekt vermitteln und das kann in dieser Form nur der Sport. 

Michael Nees: Ganz einfach. Im Sport arbeitet man direkt mit Menschen. Anders als beim eSport interagiert man daher also direkt. Und da wo Menschen interagieren kann man immer Einfluss nehmen. Und wenn man das mit klaren Konzepten macht, kann man auch das Miteinander verbessern und die Entwicklung von Menschen vorantreiben. 

Oliver Scheer: Ich glaube das Wort „Spielen“ hat eine ganz große Bedeutung. Dass man also oftmals diese Grenzen von Religion oder Geschlechtern, die sich anderen Bereichen auftun, überschreitet und dann wirklich sagt, man agiert zusammen, man genießt Freizeit. Und Sport kann auf der einen Seite eine Profession sein, auf der anderen Seite aber auch ein Hobby mit viel Spaß und viel Freude. 

Kurzzeitprojekte:
Oliver Scheer/Solingen (Argentinien/Leichtathletik)
Mahmood Reza Roushanzamir/Alsdorf (Iran/Fußball)
Peter Müller/Oberreichenbach (Mosambik/Leichtathletik)
Günter Lange/Monaco(Senegal/Leichtathletik)
Moritz Herthum/Bielefeld (Tansania/Handball)
Martin Adomeit/Lippstadt (Kenia/Tisch-Tennis)
Torsten Tesch/Königswinter (Ruanda/Leichtathletik)
Hans-Jürgen Beutel/Geislingen (Jordanien/Handball)
Klaus Feldmann/Griesheim bei Darmstadt (Togo/Handball)
Winfried Spanaus/Südafrika (Simbabwe/Leichtathletik)
Günter Lange/Monaco (Tschad/Leichtathletik)
Günter Lange/Monaco (Uganda/Leichtathletik)
Ali Askar Lali/Essen (Afghanische Fußballtrainer in Deutschland)

Kurzzeitprojekte Flucht
Joachim Fickert/Strassenhaus (Äthopien/Fußball)
Dr. Carolina Olufemi/München (Libanon/Leichtathletik)

Foto Langzeitexpert*innen:
Von links: Michael Nees, Monika Staab, Dr. Carolin Braun, Oliver Scheer

Für weitere Informationen zu den Projekten erhalten Sie über Katrin Grafarend, Ressortleiterin Internationales: grafarend@dosb.de