14/2019

Keine systematische Betreuung von Kaderathleten in beschuldigter Praxis

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) informiert im Zusammenhang mit den aktuellen Dopingermittlungen über die Verfahren im Rahmen der sportmedizinischen Untersuchungen. Dabei ist aufgrund der föderalen Struktur unseres Landes grundsätzlich zwischen der Bundes- und der Landesebene zu unterscheiden.

Bundesebene:

1. Für alle Bundeskader-Athleten (ca. 3.800 Athleten im Olympia- und Perspektivkader) liegt die Zuständigkeit für die standardisierten sportmedizinischen Untersuchungen beim DOSB mit den Spitzenverbänden und den Olympiastützpunkten. Diese Untersuchungen der Bundeskader finden ausschließlich in vom DOSB-lizenzierten Untersuchungszentren statt, die hier aufgelistet sind. Die entsprechenden Informationen über die Vergabe einer DOSB-Lizenz finden Sie hier.

2. Die weitere medizinische Betreuung der Bundeskader-Athleten/innen erfolgt in der Regel durch Verbandsärzte oder von den Verbänden empfohlene Ärzte. Auch Olympiastützpunkte geben ihren Athletinnen und Athleten Empfehlungen für geeignete Arztpraxen. Speziell der OSP Thüringen empfiehlt Praxen, die er zuvor auf Qualitätsstandards, vor allem auf die Einhaltung der geltenden Anti-Doping-Standards, überprüft hat. Die Praxis des festgenommenen Arztes gehört nicht zu den vom OSP empfohlenen Praxen. 

3. Gemäß aller Analysen und uns vorliegenden Unterlagen liegen keinerlei Informationen vor, dass Bundeskader-Athleten auf offiziellem Weg Kontakt mit der beschuldigten Praxis haben oder hatten.

Landesebene:

4. Die Lizenzierung von Untersuchungszentren für Nachwuchs-Athleten auf Landesebene wird länderspezifisch unterschiedlich geregelt und liegt nicht in der Zuständigkeit des DOSB. Die Lizenzierung auf Landesebene bezieht sich ausschließlich auf die standardisierte sportmedizinische Grunduntersuchung und die Aufnahmeuntersuchung für die Sportgymnasien für Nachwuchssportler/innen des jeweiligen Landeskaders (in der Regel im Alter von 13 bis 15 Jahren).

5. In Thüringen entscheidet der Landessportbund über die Lizenzierung. Der LSB hat die Praxis des im Rahmen der Doping-Razzia festgenommenen Sportarztes lizenziert und ihr diese Lizenz nach Bekanntgabe der Vorwürfe am 28. Februar unmittelbar entzogen.

6. Die weitere medizinische Betreuung dieser Athletinnen und Athleten aus dem Landeskader Thüringen erfolgt nicht durch die lizenzierten Einrichtungen. Rückfragen beim LSB Thüringen haben ergeben, dass aktuell keinerlei Nachweise für Empfehlungen oder gar Finanzierungen von  Betreuungsleistungen der betroffenen Erfurter Praxis über die standardisierten sportmedizinischen Grunduntersuchungen hinaus vorliegen. Gemäß den aktuell vorhandenen Informationen wurden solche standardisierten sportmedizinischen Grunduntersuchungen für die Sportarten Rad, Schwimmen und Gewichtheben durchgeführt.

Statement von DOSB-Präsident Alfons Hörmann:

„Unsere umfangreichen Recherchen der vergangenen zwei Tage bestätigen uns in der zuletzt geäußerten Annahme, dass es keinerlei offizielle Zusammenarbeit mit der Erfurter Praxis auf der Ebene von Bundeskader-Athleten gegeben hat. Auch für die Ebene der Landeskader-Athleten hat der LSB Thüringen heute nochmals explizit bestätigt, dass es derzeit keinerlei Erkenntnisse zu Betreuungsleistungen über die standardisierte medizinische Grunduntersuchung und die Aufnahmeuntersuchung für die Sportgymnasien hinaus gibt.

Somit gehen wir nach aktuellem Kenntnisstand aus Sicht des DOSB weiterhin davon aus, dass es in Verbindung mit unseren Verbandsstrukturen keine aktive und dauerhafte Form von Betreuung durch den beschuldigten Arzt gegeben hat. Da die Athleten und deren Eltern letztlich jedoch das Recht der freien Arztwahl haben, wird eine umfangreiche Analyse erfolgen. Insbesondere wird der LSB Thüringen am kommenden Dienstag mit den betroffenen Landesfachverbänden sowie deren Sportlern und den Eltern derselben zeitnah sprechen, um Klarheit zu schaffen.

Aus Sicht des DOSB begrüßen wir deshalb die nunmehr seitens der Staatsanwaltschaft gegebenen Möglichkeiten, über eine Vielzahl von sichergestellten Beweismitteln eventuelle Verstöße aufzudecken und damit einen weiteren wichtigen Schritt im kompromisslosen Kampf gegen Doping und Wettbewerbsmanipulation zu gehen.“

Weitere Klarstellung
Zur Klarstellung weisen wir auch noch einmal darauf hin, dass keine deutschen Sportler/innen von der Razzia betroffen waren. Gemäß den Aussagen des Deutschen Skiverbandes stand keiner seiner Athletinnen und Athleten in Kontakt mit diesem Arzt. Bei den Festnahmen von deutschen Personen handelt es sich ausschließlich um den Arzt und weitere involvierte Hintermänner.